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"Wir sind nur noch wenige"
Erinnerungen aus einem Schtetl

Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Feliks Tych
Herausgegeben 2011 vom Europäischen Verein für Ost-West-Annäherung e.V.
221 Seiten, 10 Euro
Erste Ausgabe, 800 Exemplare in deutscher Sprache
ISBN: 978-3-9814558-1-6

Herausgegeben mit finanzieller Unterstützung der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit

Wir danken auch der Stadt- und Gemeindeverwaltung von Żarki für die finanzielle Unterstützung.


Bestellungen per E-Mail an info@eva-verein.de

Aus dem Vorwort:
Wir haben hier einen authentischen und wahrheitsgetreuen Blick auf die Geschichte der Stadt Żarki, die wie Hunderte anderer kleiner Städte im besetzten Polens von der Walze des Holocaust erfasst worden ist. (…) Das Buch beinhaltet außergewöhnlich interessante polnische, jüdische und deutsche Motive, zu denen es sich lohnt zu greifen, um die wahre Geschichte des jeweils eigenen Volkes kennenzulernen.Diese Wahrheit streichelt nicht immer das nationale Ego, aber man sollte vor ihr nicht flüchten. Weil nur die wahre Geschichte des Volkes sein Gewissen heilen kann.

          Prof. Dr. Feliks Tych, Das Jüdische Historische Institut in Warschau

Aus dem Inhalt
Der Erinnerungsband "Wir sind nur noch wenige" basiert auf Zeitzeugenberichten, die nuanciert, selbstlos und sehr sensibel die polnisch-jüdischen Geschichte wiedergeben. Er setzt sich aus den Zeitzeugen-Erinnerungen wie folgt zusammen:

Jozef Morawiec, geb. 1921 in Żarki, hatte schon in den ersten Kriegstagen während einer Bombardierung seinen Vater verloren und wurde Waise. Im Krieg schlug er sich mit kleinen Gelegenheitsarbeiten durch. Danach arbeitete er als Maurer. Als Rentner schrieb er 20 Jahre lang seine Erinnerungen auf. Er verstarb am 29. Dezember 2009.

Eli Zborowski. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, war er 14 Jahre alt. Seine Familie lebte schon seit vier Generationen in Żarki. Wahrend des Krieges wurden sie von den Deutschen in einem Ghetto festgehalten, aus dem sie mit Hilfe falscher Papiere flohen. Eli Zborowski, seine Mutter und Geschwister überlebten den Holocaust mithilfe polnischer Unterstützer. Sein Vater wurde von Polen ermordet. Eli Zborowski ist Vorsitzender der Internationalen Vereinigung für Yad Vashem in New York, die Spenden sammelt und nach Sponsoren für den Ausbau der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem sucht. Außerdem ist er stellvertretender Vorsitzender der Weltföderation Polnischer Juden. Bis vor kurzem war er Vorsitzender der Israelisch-Amerikanischen Handels-und Industriekammer.

Robert Szecówka wurde 1935 in Żarki geboren. Er ist einer der bekanntesten polnischen Zeichner und Karikaturisten. Er publiziert in polnischen, deutschen und anderen Verlagen. Seit über 20 Jahren wohnt er in Hamburg. Er unterstützt polnische Künstler in Deutschland und engagiert sich in zahlreichen polnisch-deutschen Projekten. Für sein Engagement beim Brückenau zwischen Deutschen und Polen wurde er mit dem Ritterkreuz des Verdienstordens der Republik Polen ausgezeichnet.

Aniela Major wurde 1917 in Żarki geboren und ist eine der ältesten Menschen in Żarki. Über die Juden hat sie bisher nur im engsten Familienkreis erzählt. Sie hat lange gezögert, ihre Geschichte publik zu machen aus Angst, dass andere Menschen etwas Böses von ihr denken könnten.

Ajzyk Najman wurde 1923 in Żarki geboren. Während des Krieges war er im jüdischen Widerstand tätig und gehörte einer Partisanengruppe an. Eine von Polen gestellte Falle überlebte er durch einen Zufall. Er lebt heute in Ramat HaSharon nördlich von Tel Aviv. Ajzyk Najman war vor ein paar Jahren in Żarki und will nicht noch einmal dorthin fahren.

Jan Bartlomiej Poznanski, geboren 1927 in Żarki hat seine Kindheit und Jugend im Umfeld der jüdischen Kaufleute verbracht. Er erzählt einerseits mit sehr viel Bewunderung von den Juden, die er kannte und mit denen sein Vater Geschäfte machte. Sehr offensichtlich ist aber auch seine antisemitische Haltung gegenüber den Juden.

Mordachaj Weinryb, geb. in Żarki als Sohn eines Rabbi. Seine Eltern führten ein Restaurant, das zu einem wichtigen Treffpunkt der Einwohner wurde. Schon vor dem Krieg war er in der zionistischen Bewegung aktiv, baute später in der Gegend den jüdischen Widerstand gegen die Nazis auf. 1945 emigrierte er nach Israel und organisierte dort mit seiner Frau einen Kiebutz. Motek Weinryb verstarb in Berlin am 5.September 2011, einige Wochen vor der Veröffentlichung dieses Bandes.

Aus dem Nachwort der Autorin Wioletta Weiss:
Ich bin in der Nähe von Żarki aufgewachsen, kannte das Städtchen aber nur vom Hörensagen. Meine Großeltern sind dort zum Markt gefahren und nannten es immer das "jüdische Żarki". Mir sagte das nichts. Ich bin Anfang der 70er Jahre geboren, und die Geschichte der polnischen Juden war für mich wie für die meisten meiner Gleichaltrigen unbekannt und gleichgültig. (…)

Nach Żarki kam ich erst 2009 mit einem deutschen TV-Team. Ich drehte dort im Auftrag des Rundfunks Berlin-Brandenburg den Film "Der Tag als ich erschossen wurde" über den deutschen Terror in den ersten Kriegstagen. Es ist ein persönlicher Film aus meiner Heimat geworden, die vor dem Krieg unweit der deutsch-polnischen Grenze lag und die den deutschen Terror gleich in den ersten Tagen zu spüren bekam. Żarki war in dem Film eine von fünf Episoden. Doch der Ort und seine Menschen ließen mich nicht los. Sie erzählten sehr viele spannende Geschichten über die Juden. Dabei sagten sie aber immer wieder, dass viele Menschen in Żarki über die Juden "nichts wissen wollen". Ich wunderte mich, dass man den Ort bis heute in der Gegend als "jüdisches Żarki" bezeichnet, aber die Geschichte der Menschen, die dem Ort den Namen gegeben haben, nicht erinnert wird. Doch in Żarki traf ich auch Menschen, die Erinnerungen an die Juden auf-leben lassen wollten. (...)

Mich interessierte das gemeinsame Leben von Polen und Juden vor dem 2. Weltkrieg, und ich fragte mich, wie sich die Einwohner von Żarki verhalten haben, als die Deutschen ihre jüdischen Nachbarn verfolgten. Ich wollte wissen, was nach dem Krieg passiert ist, als eine Handvoll jüdischer Überlebender in ihr Städtchen zurückkehrte und warum keiner von ihnen geblieben ist.

Heute kann ich nicht mehr sagen, wie oft ich mittlerweile in Żarki gewesen bin. Ich habe Dokumente gesammelt, mit Menschen gesprochen und in deutschen wie in polnischen Archiven gestöbert. Ich habe viele interessante, schockierende und vor allem für mich neue Geschichten gehört. Vor meinem geistigen Auge entstand ein Bild vom polnisch-jüdischen Städtchen vor dem 2. Weltkrieg, während der deutschen Besatzung und danach.

(…) Ich beschloß, Erinnerungen von jetzigen und von ehemaligen Einwohnern Żarkis, von Polen und Juden zu veröffentlichen. Der Wechsel von der polnischen in die jüdische Perspektive und umgekehrt ergibt ein schärferes Geschichtsbild und ermöglicht, die eigene Geschichtsbetrachtung zu hinterfragen. Die dadurch bei den Berichten und Emotionen zu Tage tretenden Widersprüche machen das Verstehen erst möglich. Dabei wurden antisemitische Äußerungen bewußt nicht ausgespart, weil der Antisemitismus ein nicht zu leugnendes Phänomen der polnischen Vergangenheit und Gegenwart ist.

Ich habe die ältesten Einwohner von Żarki aufgesucht, führte mehrstündige Interviews mit Aniela Major, Jan Bartlomiej Poznanski und Ro-bert Szecówka. Mir ist gelungen, drei Juden aus Żarki zu finden. Einer von ihnen, Sohn eines Rebbe aus Żarki, Motek Weinryb, wohnte nicht weit von mir in Berlin. Ich fragte, welche guten und welche schlechten Dinge zwischen den Polen und den Juden passiert sind. Viele der Geschichten gingen mir sehr unter die Haut, tröpfelten mir durch das Herz in den Verstand.

Vieles ist mir klar geworden, und ich hoffe, dass meine Leser ähnliche Erfahrungen machen. Auch deutsche Leser werden in "Wir sind nur noch wenige" viel Neues erfahren und sich in die Geschichte eines Schtetls hineinfühlen können. Sie tauchen in ein weitgehend unbekanntes Kapitel polnisch-jüdischer Geschichte ein und werden viele Einzelheiten und genug Stoff für anregende Diskussionen finden.

Kontakt:
info@eva-verein.de