Lodz wurde einst das Manchester Polens genannt, das Eldorado des Ostens. Lodz zog
im 19. und 20. Jahrhundert viele Menschen aus ganz Europa an. Der industrielle Aufstieg der Stadt zur boomenden Weber- und
Textilmetropole Europas ist eng verknüpft mit ihrer multinationalen kooperativen Geschichte:
polnisch, deutsch, jüdisch, russisch.... Wie in einem Biotop eng miteinander verbunden,
spielte jede "Nation" ihre je spezifische Rolle - und in ihrer Gesamtheit machten sie bald
den "Lodzer Menschen" aus, von dem man sprichwörtlich
sprach - und heute noch spricht.
Zu kommunistischen Zeiten wurde diese Epoche in Polen verschwiegen, diese Geschichte unterdrückt.
Die Juden waren verschwunden, ermordet oder ausgewandert, die in Lodz heimisch gewordenen Deutschen vertrieben.
Und auch in Deutschland weiß heute kaum jemand von dieser gemeinsamen intensiven polnisch-jüdisch-deutsch-russischen Geschichte -
einer untergegangenen Welt?
Aber was genau ist mit dem "Lodzer Menschen" gemeint, der nicht nur das Geheimnis des einstigen
Erfolges dieser Stadt zu sein scheint, sondern auch einen besonderen Lebenswitz beschreibt?
War "der Lodzer" vielleicht gar Prototyp des Europäers?
Die "Lodzer" waren wirtschaftlich, politisch, kulturell, religiös mit allen Himmelsrichtungen und
Kräften verknüpft. Diese vielfältigen Verbindungen wirkten nicht nur fruchtbar, sondern sie bargen
auch Konflikte. Jede Gruppe setzte ihre wirtschaftliche, kulturelle oder politische Position in
den verschiedenen Phasen mal machtvoll, mal ohnmächtig in Szene.
Mit diesen historischen Aspekten, dem Aufstieg und dem Fall der Stadt Lodz,
den besonderen Konditionen von Einwanderung (besonders auch deutscher Einwanderung), wegweisender Kooperation wie auch
katastrophalen Konflikten wie auch den Spuren des 2. Weltkrieges, werden wir uns intensiv beschäftigen.
Welche Spuren dieser Geschichte von Lodz sind heute noch sichtbar - was erzählen
die Menschen, die heutigen Lodzer sowie deutsche, polnische, jüdische und russische Zeitzeugen,
die alten Stadtpaläste, monumentalen Fabrikhallen und monströsen stillgelegten Maschinen, aber auch das Gelände des ehemaligen Gettos von Lodz?

Produkt
Es sind 11 Kurzfilme entstanden (HDV-Format, Dauer jeweils 7 bis 26 min).
Die Spielzeit der Filme insgesamt beträgt ca. 2,5 h.
- Die einzelnen Kurzfilme sind stilistisch und inhaltlich sehr unterschiedlich
(historisch angelegte Kurzfilme, Reportage, Portraits, Zeitzeugeninterviews, experimentell, Clip)
- Die Filme entwerfen in ihrer Stilvielfalt als einzelne Fragmente ein lebendiges
Bild von Lodz damals und heute
- Der rote Faden in allen Kurzfilmen ist die Frage nach dem „Europäer“, dem einstigen
„Lodzermenschen“ als einem möglichen Vorbild für einen integrierten Europäer.
Über diese historische Frage stellt sich die aktuelle Frage nach dem heutigen
Verhältnis der Lodzer zu Europa. Ohne dass diese Frage aber ständig explizit
gestellt werden muss, steht in einigen der Kurzfilme die Frage nach dem Damals und
Heute im Vordergrund (in Bezug auf bestimmte Orte, Plätze, Personen oder Ereignisse).

Produktion
Die Produktion erfolgt durch den Europäischen Verein für
Ost-West-Anäherung e. V. (EVA).
Die Premiere fand am 23.2.2009 in Lodz statt. Weitere Vorführungen sind geplant.
Auch ist die Produktion einer DVD in Vorbereitung.

Zeitplanung
Projektdurchführung (Dreh) (10 Tage) in Lodz, September 2008
Premiere in Lodz: 23.2. 2009
DVD-Veröffentlichung: Sommer 2009
Festival-Auswertung einzelner Filme: Sommer 2009 bis Ende 2010

Team
Deutsch-Polnisch-Europäisch
Wichtigstes Kriterium für die Teilnahme an unserem historischen Filmprojekt waren
hohe Motivation und das Fachwissen im jeweiligen Bereich: filmtechnisch, historisch, künstlerisch, sprachlich, journalistisch.
Teammitglieder waren Filmstudenten (Regie, Kamera, Schnitt) und -absolventen und Studenten anderer, v. a. geisteswissenschaftlicher Fächer)
Die Teams waren gemischt deutsch und polnisch
oder stammten aus Ländern wie Belgien, Rumänien, Österreich usw.).

Bedingungen der Teilnahme
Wir erwarteten nach Zusage ein reges Interesse an Recherchearbeit und Kommunikation mit den anderen Teammitgliedern.
Teilnehmer sollten zwischen 20 und 35 Jahren alt sein und bereits ein Studium
(Hochschule oder Schule für Film/Fernsehen/Journalismus) begonnen oder ggf. schon
abgeschlossen haben oder bereits beruflich arbeiten.
Für jeden Teilnehmer wurden folgende Kosten gedeckt bzw. Unterstützung gegeben:
- Anreise und Abreise mit der Bahn von und nach Lodz
- Filmtechnik (HDV-Kameras, Licht, Ton etc.) + Schnittplätze für mehrere Tage Schnitt
(Rohschnitt) an der Filmschule Lodz
- Unterkunft während des Projekts
- Verpflegung
- Workshops mit Filmprofis der Filmschule Lodz (Feedbackrunden)
- Betreuung/Koordination bei den Dreharbeiten
- Unterstützung bei Suche nach Protagonisten, Interviewpartnern, Zeitzeugen, Experten etc.
- Location Scouting
- Dolmetschen

Projektbetreuung und Koordination
Betreuung der Teams erfolgte durch professionelle Filmemacher und Historiker aus Deutschland und Polen.
Zusätzlich werden eingebunden:
- jüdische, deutsche, polnische Zeitzeugen
- heutige Lodzer, jung und alt, aller Schichten, politischer Richtungen und Konfessionen

Unsere Projektpartner
- Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit
- Stiftung "Erinnerung Verantwortung Zukunft"
- Melchior Wankowicz Journalistenschule in Warschau
- Filmschule Lodz
- Universität Lodz
- jüdische Gemeinde Lodz
- Stadtverwaltung von Lodz
- Procinema Lodz
- café babel.com - Die Europa-Zeitung (www.cafebabel.com)
- Designed in Poland (www.designedinpoland.com)
- Projekt Lodzermensch(www.lodzer.pl)

Referenz- und Folgeprojekte:
Vorgängerprojekt:
"Auf den Spuren der Kreisauer - Śladami Krzyżowian"
EVA-Verein, Filmworkshop (2006)
www.eva-verein.de/spurenderkreisauer.html
Acht deutsche und acht polnische Jugendliche - im Alter von 16 bis 20 Jahren - begegneten sich für zehn Tage an historisch symbolischem Ort, in Kreisau/Krzyzowa (Polen), um sich mit dem Thema Widerstand auseinanderzusetzen...
Befreundetes Projekt:
"Klassentreffen/Spotkanie klasowe"
Universität Klagenfurt: Dokumentarfilmprojekt
www.klassentreffen.spotkanie.klasowe.eu
Die Darstellerinnen des Films Klassentreffen sind Frauen aus Polen,
Israel und Österreich. Sie erzählen ihre Lebensgeschichten.
Gleich wo die Frauen heute leben, die Erinnerung führt sie zurück nach Lodz,
den Ort, der ihre Lebenswege geprägt und bestimmt hat.
Zwei Darstellerinnen sind in Wien geboren und zur Schule gegangen.
1941 wurden sie aus Wien nach Lodz in das Ghetto Litzmannstadt verschleppt.
Die übrigen Darstellerinnen wurden in Lodz geboren und besuchten dort die Schule...
Folgeprojekt:
"Lodzer Fragmente"(Arbeitstitel)
EVA-Verein, Weltfilm GmbH
Dokumentarfilm über den Lodzermenschen...(in Entwicklung, 2009)

Ansprechpartner + Produzenten
Tanja Cummings/Weiss
cummings@eva-verein.de